Hallo zusammen,
nach den ersten drei Folgen kann ich nur sagen, dass sie mir Lust auf MEHR machen. Optisch machen die Folgen echt was her und manche Gimmicks, wie z. B. die Hologramme sind visuelle Effekte, die es zu der Zeit, als die Star Trek Serien gedreht wurden, mit dem Budget einer Serie nicht möglich waren. Die heutige technische Entwicklung ist inzwischen so weit, dass viele Dinge, die zu TOS Zeiten als unerreichbare SciFI galten heute Alltagsgegenstände sind. Wir leben in der Zukunft, die man sich in den 60-er Jahren erträumt hat.
Über die Klamotten der Klingonen habe ich mich kaputt gelacht. Erinnerte mich an englisches Fächergewölbe. (Beispiel hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gew%C3%B6 ... lt.arp.jpg). Der Schnitt an Ballettkleidchen. Fehlt nur noch, dass es rosa ist. Auch die klingonischen Raumschiffe sehen eher Barock aus, als die düsteren Schüsseln eine Kriegerflotte. Altrömischer Pomp, statt auf das notwendigste reduzierte Schlachtkreuzer. Vielleicht soll aber genau das gezeigt werden. Sehen wir mal, wie sich die Klingonen entwickeln. So betrachtet ist der Plot erst am Anfang und bietet richtig viel Potenzial.
Genial find ich das neue Raumschiff. Die Messe, in der die Schlägerei statt fand, sah wirklichkeitsnäher aus, als 10 vorn auf der Enterprise. 10 vorn wirkte immer, als ob sie einem Kreuzfahrtschiff entlehnt sei, was aber passend war. Überhaupt mehr Metall- als Plastikoberflächen wirken besser. Bei der Brücke bin ich mir noch nicht so sicher ob sie mir gefällt. Der taktische Bogen der Enterprise war einfach ikonisch. So ein stilprägendes Element ist mir bisher noch nicht aufgefallen bei DSC.
Im Vergleich zu den Abrams Kinofilmen ist DSC (ROFL-ich musste STD auch erst mal googlen
) viel näher am "alten" Star Trek Feeling.
Dass es sich trotzdem anders anfühlt könnte aus meiner Sicht an Folgendem liegen.
In den alten Serien galt:
- Die Hauptpersonen waren eindeutig die Guten.
- Alle Konflikte zwischen Starfleet Personen mussten innerhalb der Folge gelöst werden. Die Harmonie in der Crew musste wieder hergestellt werden. Das war eine Regel von Roddenberry.
- Es war eindeutig wer die Feinde sind.
- Die Sternenflotte war unzweideutig eine utopisch-idealisierte Gesellschaft.
- Die Abteilungen und ihre "Räumlichkeiten" spielten eine wichtige Rolle und wurden alle gezeigt.
- Das "Spotlight" der Erzählung lag in den Folgen auf verschiedenen Mannschaftmitgliedern
- Es gab Staffelplots und Doppelfolgen, aber meist wurde der Hauptplot einer Folge in der Folge abgeschlossen und meist zu einem glücklichen Ende geführt.
- Die Raumschiffe waren in warmen Farben und Materialien gehalten und hell. Z. B. TNG Brücke: Beige, Rot, Velourteppich (Wohnzimmer-Feeling).
In der neuen Folge:
- Alle Charaktere sind ambivalent. Teilweise hatte man fast das Gefühl, dass die Klingonen die Guten sind, die von der bösen Sternenflotte eingekreist werden (erste Folge)
- Auch die Sternenflotte hat Dreck am Stecken, bzw. dunkle Flecken auf der blau-goldenen Uniform
- Das "edle" und mutige Verhalten von Kaptaion Georgiou, der Shenzhou wird gnadenlos bestraft.
- Die Alleingänge und Regelbrüche von Michael werden bestraft. Riker hätte dafür einen Orden bekommen und Picard hätte ihn vor dem Föderationsgericht rausgehauen. Nicht so in der neuen Serie. Hier wird keine Harmoniesoße ausgegossen.
- Die Sternenflotte ist unterlegen und bekommt ordentlich den Hintern versohlt. Es gibt keinen cleveren Trick, kein Picard und kein Riker Manöver, dass die schlechte Situation, wie durch einen Zaubertrick, in ihr Gegenteil verwandelt.
- Sternenflotte Raumschiffe sind in schwarz und kaltem Blau gehalten. Teilweise sehr dunkel ausgeleuchtet. Definitiv kein Wohnzimmer-Wohlgefühl.
Das Charaktere ambivalent sind ist ein allgegenwärtiger Trend in Literatur, Fernsehen und Film. Kein Hauptkommisar, selbst im biederen Tatort, der nicht ein Alkohol-, Psycho- oder Eheproblem hat. Ambivalente Charaktere wirken lebensnäher für Leser und Zuschauer, weil sie sich besser mit der Figur identifizieren können. Sieht man auch sehr gut an den neuen Marvel Filmen. Selbst Superhelden und Götter haben so ihre Probleme.
In diesem Sinne liesen sich noch einige Punkte finden, was die alten von der neuen Serie unterscheidet. Man kann dafür verschiedenen Begriffe finden, düsterer, realistischer, weniger utopisch. Bin gespannt wie ihr das seht.
Was ist noch spannend:
1. Der aktuelle politische Bezug: Klingonen vereinigt euch, damit ihr eure eigenen Kultur bewahrt. Klingt sehr nach America first und wir wollen unser Volk und unser Land zurück.
2. Die weitere Entwicklung der Geschichte.
Die Kennung der USS Discovery ist NCC-1031. Ein Hinweis auf Section 31? Das wäre ein cleverer Schachzug der Serienautoren. So können sie den Plot in der Hauptzeitlinie spielen lassen, auch vor der Kirk Enterprise, machen, was sie wollen und trotzdem nicht gegen den Kanon verstoßen. Aktionen der Section 31 werden nicht aufgezeichnet. So könnte man glaubwürdig erklären, warum später nie etwas von Michael bekannt war. Und all das andere Zeug, was die Discovery sonst noch anstellen wird.
Der Umweg, von Cpt. Lorca um Michaels Transporter zu retten (Rettung per Traktorstrahl war eine sehenswerte Szene! Sehr gute Wahl der Erzählperspektive!) und die Frage von Michael an Lorca, warum er den, auf den ersten Blick, sinnlosen Umweg gemacht, nur um eine Gefangene abzuholen, ähneln den Rekrutierungsmethoden, die Section 31 z.B. bei Dr. Bashir angewendet hat. Nur hat Bashir abgelehnt. Michael nimmt Risiken in Kauf und verstößt gegen Sternenflotten Hierarchie (eignen Kaptain ausschalten) und gegen Sternenflotten-Direktiven um die Sternenflotte zu retten. Auch das tut Section 31. Michael ist also eine geeignete Kandidatin!
Toll ist auch, wie mit Erzählkontrasten gearbeitet wird:
Michael vs. Gerogiou: Regeltreue vs. Regelbruch
Michael vs. Mitgefangene: Anpassen an Situation/Hoffnungslosigkeit/Fremdbestimmung vs. Aufstand/Hoffnung durch Eigeninitiative
Michael vs. Tilly: verschlossen/"cool" vs. verbale Inkontinenz/aufgeregt
...
Und dann gibt es noch einen Haufen toller (bisher) Nebencharaktere. Plappermaul Tilly muss man einfach lieben.
Lorca und Gerogiou sind Kaptains denen man das auch abnimmt, keine Milchbubis wie die Abrams Crew. Muppershow: Schweine im Weltall. Abrams-Show: Teenager im Weltall.
Ich bin gespannt wie es weiter geht und freue mich auf die nächsten Folgen. Vor allem hat DSC etwas geschafft, woran ich seit Jahren gescheitert bin. Meine Frau hatte sich nie für Star Trek erwärmen können. Nach DSC wollen wir zusammen VOY schauen.